Heitzer, Enrico - Die Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit (KgU)
Mitte 1948 konstituierte sich in Berlin die „Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit“ (KgU). Das Vereinsregister definierte den Zweck dieser Organisation mit Mildtätigkeit. Tatsächlich handelte es sich jedoch um ein von der CIA finanzierten Produkt des Kalten Krieges. Die Aktivisten der KgU entwickelten sofort nach der Gründung eine breit gefächerte anti-kommunistische Wühlarbeit. Die Gefahr durch die Sowjetische Besatzungszone/Deutsche Demokratische Republik in der Gegenwart schätzten sie dabei erheblich größer ein als die Überbleibseln des NS-Staates.
Deshalb betraute die KgU reihenweise auch schwer belastete Nazis mit folgenden Aufgaben: Operative geheimdienstliche Tätigkeit, Industriespionage, Subversion und Sabotage, administrative Störungen, Gefangenenbefreiung und Fluchthilfe, Unterstützung von Desertion, Vorbereitung von Giftgas-Aschlägen gegen russische Truppen für den Kriegsfall, Erzeugung und Einsatz von Stinkbomben und Phosphorbrandsätzen, Produktion von Chemikalien mit Schmiergeleffekten, die Maschinen und Motore lahmlegen sollen, Einsatz von „Reifentötern“ und Leitungssage. Aufgrund der schlechten Publicity beschloss der CIA die KuG während der zweiten Berlin-Krise Ende 1958 aufzulösen.
Bisher war der in der Historiker-Zunft heftig umstrittene konservative Ernst Nolte der einzige etablierte Zeitgeschichtler, der sich überhaupt in nennenswertem Umfang zur KuG äußerte. Mit der nun vorliegenden Doktorarbeit ist diese Forschungslücke geschlossen. Bemerkenswert ist, dass Egon Bahr, ein führender Proponent der 1969/70 von Willi Brandt eingeleiteten sozialdemokratischer Ost- und Deutschlandpolitik, sich Zeit für die Lektüre des umfangreichen Manuskriptes genommen hat.
Fritz Keller
Heitzer, Enrico - Die Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit (KgU)
Widerstand und Spionage im Kalten Krieg 1948-1959. Köln-Weimar-Wien: Böhlau 2015. 550 S. : zahlr.: Ill. - fest.geb. : € 66,80 (GE)
ISBN: 978-3-412-22133-1