Bücherschau

Bruendel, Steffen - Zeitenwende 1914

Künstler, Dichter und Denker im Ersten Weltkrieg

Es ist heute kaum mehr vorstellbar, welche Begeisterung der Ausbruch des Ersten Weltkrieges bei den meisten Zeitgenossen ausgelöst hat. Diese Begeisterung erfasste alle Bevölkerungsschichten, Künstler, Dichter, Denker und Gelehrte nicht ausgenommen.
„Es war eine trancehafte Lust, fast Wollust des Mit-Erlebens, Mit-Dabeiseins“ beschrieb Carl Zuckmayer die Szenen, die sich in vielen Städten Deutschlands und Österreich-Ungarns abspielten. „Es war ein wilder Rausch“, äußerte auch Stefan Zweig in seinem Erinnerungswerk „Die Welt von Gestern“. Philosophen, Historiker und Theologen verherrlichten den Krieg, deuteten ihn als Chance für eine geistige und gesellschaftliche Erneuerung. Die naturwissenschaftliche Forschung stellte sich alsbald in den Dienst der Kriegswirtschaft, Lyriker aller künstlerischen Schattierungen schrieben Kriegsgedichte. Es gab nur wenige, die nicht in den Chor mit einstimmten. Die Ernüchterung kam, je länger der Krieg andauerte. Nicht bei allen Künstlern, aber bei manchen.
Der deutsche Historiker Steffen Bruendel zeigt in seinem Buch an Beispielen auf, wie sich die künstlerischen Eliten Deutschlands und Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg verhalten haben. So zitiert er etwa aus den Werken der Schriftsteller Thomas und Heinrich Mann, von Kurt Tucholsky und Karl Kraus sowie so renommierter Wissenschaftler wie dem Soziologen Max Weber und dem Staatsrechtler Hugo Preuß.
Bruendel hat viel Material zum Thema zusammengetragen und wartet zum Teil mit überraschenden Ergebnissen auf. Ein aufschlussreiches und anspruchsvolles Buch, das einschlägiges thematisches Interesse und Kennerschaft voraussetzt.
Friedrich Weissensteiner

Bruendel, Steffen - Zeitenwende 1914
Künstler, Dichter und Denker im Ersten Weltkrieg. München: Herbig 2014. 303 S. : Ill. - fest geb. : € 20,60 (GE)
ISBN 978-3-7766-2734-3

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