Schlag, Evelyn - In den Kriegen
Das Grauen eines noch immer nicht erloschenen Krieges
Noch toben die Kämpfe gegen die Separatisten in der Ukraine, die Söldner Jens und Iwo haben allerdings vom Kämpfen genug und machen sich, nachdem ihr Kamerad Andrij erschossen worden war, klammheimlich davon. Dies zusammen mit Tanja, der Verlobten des getöteten Andrijs. Ihr Ziel ist vorher noch völlig offen. Bis Tanja als Erste eine Idee hat. Sie will ihre Trauer so weit wie möglich durch das vom Krieg zerstörte Land tragen. Das vage Endziel dieser Art Wallfahrt könnte die Halbinsel Krim sein.
Als Leserin/Leser ist man nun angehalten, dieser recht eigenartigen „Pilgergruppe“ durch das Grauen eines noch immer nicht erloschenen Krieges zu folgen. Vorbei an verlassenen Kleinstädten, gebrandschatzten Dörfern, geplünderten Supermärkten, verlassenen Fabrikshallen und zerstörten Wohngebäuden. So nebenbei bleibt einem der Anblick grauenvoll zugerichteter Leichen, die den Weg säumen, auch nicht erspart. Die sichtlich friedliebenden „Wallfahrer“ aber scheinen ihrem Gehaben und Getue nach völlig ungerührt über den Dingen so dahinzuschweben.
Man stellt sich über kurz oder lang die Frage, ob sich diese jungen Leute ihrer selbst gestellten Aufgabe überhaupt noch bewusst sind. So locker vom Hocker, wie sie das tun, wandert man nicht durch ein blutgetränktes und noch immer von Kämpfen aufgewühltes Kriegsgebiet. Vor allem, wenn man Trauer durch die Lande tragen will. Das irritiert! Zumal die wirkliche Tragödie tagtäglich in der Ukraine eine ganz andere Sprache spricht. Als Leserin/Leser wird man sich dem Ziel dieses Romans nicht ganz bewusst. Trägt er ein pazifistisches Mascherl mit sich herum? Erlesbar ist diese Absicht nicht. Ist es ein Unterhaltungsroman, der uns da vorliegt? Wenn ja, dann bedarf es, ob der Tragik der Realität, viel mehr an Fingerspitzengefühl.
Adalbert Melichar
Schlag, Evelyn - In den Kriegen
Roman. Wien: Hollitzer 2022. 242 S. - fest geb. : € 22,00 (DR)
ISBN 978-3-99012-969-2