Hofbauer, Hannes - Zensur
Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte
„Verlorenes Vertrauen mit Zwangsmaßnahmen zu kompensieren, gehört zu den ältesten Herrschaftstechniken, deren sich Kirchenhäupter und Monarchen ebenso bedienten wie es Regierungen und führende Medienhäuser unserer Tage tun“, so führt Hannes Hofbauer in die Thematik seines Buches ein. Die Wiederkehr der Zensur als eine der wirksamsten Zwangsmaßnahmen wurzelt in der ökonomischen Schwäche des transatlantischen Raums, so Hofbauer weiter. In diesem Niedergang haben „staatliche Wahrheitswächter und kalifornische Medienmonopole eine neue, gemeinsame Praxis des Löschens und Sperrens von Inhalten entwickelt“. Wir erleben gerade die Zensurpraxis des post-industriellen, digital-kybernetischen Zeitalters.
Um die aktuellen Verbotspraktiken auch in ihrer historischen Dimension verstehen zu können, blickt er in die Geschichte der Zensur. Sie beginnt mit der Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts, das Buch wird zum „Teufelswerk“ gemacht. Bis in das 18. Jahrhundert gehen die Hüter der verordneten Wahrheit Schritt für Schritt von der Kirche auf den Staat über, wobei die Kirche als „Schutzwächter des Pöbels“ wichtig blieb. Hofbauer bringt einige Beispiele von berühmten zensierten Autoren wie Heinrich Heine, dem kämpferischen Verleger Friedrich Brockhaus oder standhaften Buchhändlern wie Johann Philipp Palm. Im 20. Jahrhundert dann wechseln Phasen der Meinungsfreiheit mit der Unterdrückung des freien Wortes ab.
„Gefährliche Falschinformation“ lautet die Punze, die monopolartig agierende Konzerne wie Alphabet/Google oder Facebook/Meta all jenen Publikationen und Wortmeldungen auf ihren Plattformen aufdrücken, die dem liberalen Weltbild ihrer Betreiber nicht passen. Gelöscht und blockiert wird von politisch und kulturell gesteuerten Algorithmen. In den vergangenen Jahren ist dies millionenfach geschehen, wenn Beiträge über Corona, Russland, den Islam oder den Klimawandel nicht der herrschenden Meinung entsprechen. Zwischen repressiv agierenden staatlichen Akteuren und privaten Medienmonopolen entwickelt sich in unseren Tagen eine neue Zensur-Praxis, für die beide nicht zuständig sein wollen und einander gegenseitig die Verantwortung zuspielen.
Der Historiker Hannes Hofbauer zeigt in seinem Buch, in dem er sich auf den deutschen Sprachraum aus Platzgründen beschränkt, die Geschichte der Zensur, um dann kompetent die aktuellen Verbotspraktiken aufzuzeigen. Ein augenöffnendes Buch.
Peter Klein
Hofbauer, Hannes - Zensur
Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte. Vom kirchlichen Index zur YouTube-Löschung. Wien: Promedia 2022. 248 S. - kt. : € 19,90 (GP)
ISBN 978-3-85371-497-3