Tausig, Otto - Kasperl, Kummerl, Jud
Eine Lebensgeschichte
Die Lebenserinnerungen, die der Schauspieler und Regisseur im hohen Alter vorgelegt hat, wurden zu dessen 100. Geburtstag erneut aufgelegt. Sie sind wie ein Gebirgsbach klar geschrieben und inhaltlich sehr interessant. Tausig hatte es wegen seiner jüdischen Abstammung und seinem Bekenntnis zum Kommunismus nicht leicht. Mit 16 Jahren wurde er von den Nazis aus seiner Heimat vertrieben und ging nach England ins Exil. Die Eltern verloren ihr Leben im KZ. In England, wo er bis zum Kriegsende verbleiben musste, traf ihn ein schweres Emigrantenlos.
Nach 1945 kehrte er nach Österreich zurück mit dem Ziel, den Schauspielberuf zu ergreifen. Der geborene Komödiant kam vorerst in deutschsprachigen Theatern unter, ehe er in Wien im neugegründeten Theater „Die Scala“ eintreten konnte. Die missbilligte, kommunistische Bühne wurde nach kurzer Zeit von der Behörde geschlossen. Tausig ging nach Deutschland zurück und profilierte sich an verschiedenen Bühnen. Nach seiner endgültigen Niederlassung in seiner Heimatstadt gelang ihm der Sprung an das Burgtheater, dessen Ensemble er von 1970 bis 1983 angehörte. Mit seiner unverwechselbaren Komödiantik spielte sich der urwüchsige Schauspieler in die Herzen der Zuseher.
Tausigs Lebensziel war es, die Welt zu verbessern und vielen Menschen in ihrer Notlage zu helfen. Er war ein durch und durch widerständischer, sozial engagierter Mensch, ein Revoluzzer, der nichts als selbstverständlich hinnahm. Er unterzog alles und jedes einer teils heftigen Kritik. Tausig hat bis an sein Lebensende unermüdlich für eine Verbesserung der Daseinsbedingungen in vielen Ländern (Afrika, Ostasien etc.) gekämpft. Seine Arbeit war gewiss nicht erfolglos, aber mit der Schauspielkunst allein als finanzielle Grundlage ist zahllosen Millionen von hilfsbedürftigen Menschen leider nicht zu helfen. Aber Tausigs Vorbild könnte und sollte allemal Schule machen.
Friedrich Weissensteiner
Tausig, Otto - Kasperl, Kummerl, Jud
Eine Lebensgeschichte. Aufgezeichnet von Inge Fasan. Wien: Mandelbaum 2022. 224 S. - fest geb. : € 24,00 (BB)
ISBN 978-3-85476-992-7