Grieser, Dietmar - Geliebte Ukraine
Auf literarischer Spurensuche zwischen Donezk und Anatevka
Als Dietmar Grieser sein 50. Buch vorstellte meinte er, das sei jetzt das letzte Werk. Der deutsch-österreichische Bestsellerautor (Jahrgang 1934) wollte sich endlich zur Ruhe setzen. Seine Fangemeinde war entsetzt und traurig. Aber: sag niemals nie! Jetzt erschien doch noch ein Buch, aus aktuellem Anlass zur rechten Zeit.
Der junge Journalist Dietmar Grieser reiste, als die Ukraine noch Teil der Sowjetunion war, durch die ehemaligen Kronländer. Damals eine beschwerliche Reise, die aber nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Er suchte und fand viele, meist tragische Geschichten über bekannte Menschen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sich durch die furchtbaren politischen Umwälzungen ihr Leben dramatisch veränderte. Dies geschieht leider bis zum heutigen Tag, an dem dieses Land und seine Menschen wieder hilflos einem unverschuldeten Schicksal ausgesetzt sind.
Die Erzählungen gehen von Eugenie Schwarzwald, Leopold von Sacher-Masoch, Joseph Schmidt, Georg Trakl bis hin zu Leo Perutz, um nur einige Kapitel zu nennen. Besonders interessant ist das Leben von Scholem Alejchem, der 1859 bei Kiew geboren wurde. Vom jiddischen Schriftsteller, der auch der „jüdische Mark Twain“ genannt wurde, stammen viele Alltagsgeschichten über die Juden in Osteuropa, unter anderem auch die Erzählung von „Tewje der Milchmann“. Dies diente letztlich als Vorlage für „Anatevka“ beziehungsweise „The fiddler on the roof“ und wurde weltweit berühmt.
Dietmar Grieser hat es wieder geschafft, trotz der dramatischen Geschichten ein angenehm zu lesendes, spannendes und wissenswertes und vor allem aktuelles Buch zu schreiben. Es ist zu hoffen, dass es nicht tatsächlich das letzte Werk dieses Grandseigneurs der österreichischen Literaturszene sein wird.
Renate Oppolzer
Grieser, Dietmar - Geliebte Ukraine
Auf literarischer Spurensuche zwischen Donezk und Anatevka. Wien: Amalthea 2022. 144 S. : Ill. - fest geb. : € 22,00 (PL)
ISBN 978-3-99050-238-9